Fahrgaststudie in Bilder gegossen
Ein Jahr lang betrieb die gebürtig aus Usbekistan stammende Liza mehr oder weniger beabsichtigt ihre Menschenstudie in der S-Bahn. „Das war einfach das, was ich jeden Tag gesehen habe. Menschen in Zügen. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich jeder seine eigene Phantasie schafft: Das Handy, ein Buch, Musik – alle suchen sie eine Art Schutzraum, den sie für sich haben.“ Typisch, oder? Kennt man schließlich auch von sich selbst, wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, also mit vielen Fremden in einem Raum unterwegs ist. „Nach einem Jahr S-Bahn fahren, begann ich mich zu fragen: was sind das wohl für Menschen, die mit mir im Zug sitzen? Was führen sie für ein Leben? Was beschäftigt sie?“, erinnert sich Liza. Kurzerhand entschloss sie sich, deren Geschichten zu erdenken und erzählen. Mithilfe von Bildern.
Sprechen, ohne zu reden
„Es ist faszinierend was wir Menschen sagen, auch dann, wenn wir gar nicht sprechen. Nur durch unsere Körperhaltung, durch die Kleidung, die wir tragen.“ Genau solche Details hält Elizaveta bis heute in ihren Bildern fest. Zeigt die ungeschminkte Wahrheit. „Denn genau das ist es, was ich schön finde – der Mensch, so wie er ist.“ Und der zeigt sich in der Regel besonders dann, wenn er nicht daran denkt, dass er gesehen wird. Zum Beispiel in Bus und Bahn, versunken in seinen Gedanken und der Lieblingsmusik oder dem Lieblingsbuch. Bewundern kann man die Bilder von Liza mit etwas Glück bald schon in einer Ausstellung. Die Planungen dazu laufen. Bis dahin bleibt uns der Blick auf ihren Instagram Account.
Lyrische Entdeckungen entlang der Gleise
Einen ganz anderen aber ebenso kunstvollen Zugang zum S-Bahn Alltag hat die Reimerin Birgit Hufnagl gefunden. Ebenso wie Liza fährt die energiegeladene 52-Jährige aus Eglharting regelmäßig mit der S-Bahn und lässt sich dabei sehr gerne vom Geschehen auf und an den Gleisen inspirieren. „Ich bin schon als Kind oft S-Bahn gefahren, meine Mutter hat nie einen Führerschein gemacht, also waren wir immer öffentlich unterwegs“, erzählt sie uns. Sechs Bücher hat Birgit bereits publiziert, das siebte ist gerade in Arbeit. Ihr Genre nennt sie selbst „Reim-Kabarett“. „Nur lesen ist langweilig, ich will, dass die Leute lachen, darum gibt es bei mir auch gesungene Reime." Und manchmal sogar gerappt. Das Ergebnis stellt die lebensfrohe Reimerin mit Lokalkolorit auf YouTube oder präsentiert es auf Kleinkunstbühnen.
Ein Reim kommt selten allein
Schon der Opa hat gereimt. Er arbeitete früher für einen großen Limonadenkonzern und versuchte sich an dem, was wir heute Marketing Jingles nennen würden. Birgit tut es ihm gleich. Auch für die S-Bahn München hat sie sich extra kleine Zweizeiler überlegt, und damit auch schon die Kommentarspalten unserer Postings auf Facebook versüßt. Da ist vom What’s Schmutzig Team die Rede, von Lokführern, die auch in der Nachtschicht alles geben und von der wassernahen Lage des Bahnhofs Starnberg. Oder zum Beispiel dieser hier: „Wählen Sie mal die S-Bahn für Ausflüge! Wetten, das hat auch seine Vorzüge?“ Die Chance besteht also, dass auch Birgits lyrische S-Bahn Zeilen zukünftig den Weg in ihre Bühnenshows finden. Bis dahin blättern wir uns durch eines ihrer bereits veröffentlichten Gedichtbänder. Vielleicht schon bei der nächsten S-Bahn Fahrt…
S-Bahn Reime by Birgit Hufnagl
‚Beim S-Bahn fahren mal ins s-bahn-muenchen-magazin geklickt?
Einblick gewinnt, wer hinter die Kulissen blickt!‘
‚Nächte in Nachtschichten um die Ohren schlagen?
Das tun Lokführer! An allen 7 Wochentagen.‘
‚Unsere S-Bahn-Reinigungsteams kümmern sich um Sauberkeit.
Passt’s nicht? Gebt uns einfach auf What’s Schmutzig Bescheid!‘
‚S-Bahnhof Starnberg. Direkt am Starnberger See gelegen!
Nur zur Bootshaltestelle müsstet IHR euch hinbewegen.‘