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Hands-on learning – praxisnahes Englischtraining bei der S-Bahn München

Rund neun Millionen Touristen kamen alleine 2019 nach München – Klar, dass unsere Kolleg:innen, die im Alltag viel mit internationalen Besucher:innen zu tun haben, gut Englisch sprechen müssen. Seit Oktober 2020 sieht mancher Arbeitstag der etwa 100 Servicemitarbeiter:innen beim Prüfdienst darum ein bisschen anders aus. Seitdem kümmern sie sich nämlich nicht mehr nur um die Fahrscheinkontrolle und Beratung von euch Reisenden, sondern verbessern auch ihre Englischkenntnisse. Dafür kann sich das Team über eine neue Kollegin freuen: Die Sprachwissenschaftlerin Laura wurde als Englischtrainerin eingestellt. Sie bietet allen Teammitgliedern aus dem Serviceteam/Prüfdienst ein persönliches Englisch-Coaching an. Wie’s dazu kam und wie ungewöhnlich das Englischtraining bei der S-Bahn abläuft, haben uns Coach Laura und Christian, Leiter vom Serviceteam und Initiator des Englischprojekts, erzählt.

Mitarbeitende des Serviceteams mit ihrer Englischtrainerin

Gäste aus aller Welt in der S-Bahn München

Eine Mitarbeiterin des Serviceteams bei ihrer Arbeit in der S-Bahn

Dass München immer eine Reise wert ist, hat sich auf der ganzen Welt herumgesprochen. Nicht nur der Tourismus macht München zu einer Weltstadt, sondern auch die vielen attraktiven Arbeitsplätze, die Menschen aus allen erdenklichen Ländern nach München locken. Und das Erste, was Ankommende am Flughafen machen: Sie nehmen die S-Bahn in die Stadt, und da ergeben sich manchmal eben auch Fragen. „Wegen der vielen internationalen Fahrgäste haben wir das Ziel, dass alle Servicemitarbeiter:innen im Prüfdienst Grundkenntnisse der englischen Sprache und einen gewissen berufsspezifischen Standardwortschatz haben“, erklärt uns Christian, der die Idee zu diesem Sprachprojekt hatte. Was die Mitarbeiter:innen vor allem lernen sollen, „ist die Bahnsprache, also spezifische Wörter, wie zum Beispiel Entwertung, Streifenkarte oder Anschlussticket, damit wir auch unseren zahlreichen internationalen Fahrgästen einen guten Service bieten können.“

Das Ziel: individueller und praxisorientierter Unterricht

Englischtrainerin Laura

„Am Anfang hatten wir die Vorstellung, dass wir die Inhalte mit einem regelmäßigen Frontalunterricht ganz klassisch vermitteln.“ Aber von der Idee haben sich Christian und seine Mitorganisator:innen schnell verabschiedet: „Wir haben ein sehr diverses Team mit so vielen unterschiedlichen Sprachniveaus – vom Anfänger mit Grundkenntnissen bis hin zum Native Speaker. Wir brauchten ein flexibles Lernkonzept, das individuell auf die Menschen eingeht.“ Daher kam Christian der Gedanke, einen Englisch-Coach einzustellen, der immer vor Ort ist und individuell das praxisnahe Englisch vermittelt. Gesagt, getan! Und so kam Laura ins Team – und mit ihr viele neue Ideen.

Ab in die S-Bahn zum Lernen!

Zuerst führte Laura mit jedem der fast 100 Teammitglieder ein Vorgespräch und erstellte kleine Lerngruppen mit ähnlichem Sprachniveau. Das gemeinsame Englischtraining findet je nach aktueller Situation entweder unter coronakonformen Bedingungen in Übungsräumen oder via Videokonferenz statt. „Mittlerweile sind wir dazu übergegangen, diese Gruppenarbeit in zweitägigen Lernblöcken zu machen“, erzählt uns Laura. „Eineinhalb Tage arbeiten wir theoretisch und am Ende gehen wir einen Nachmittag in die S8 Richtung Flughafen.“ Hier wird nicht nur das Gelernte praktisch angewendet, sondern auftretende Fragen können auch direkt beantwortet werden. Weil Englisch kaum praxisnaher gelernt werden kann, sind solche Begleitfahrten ein wichtiger Bestandteil von Lauras Coaching. „Es geht hier nicht nur um das reine Sprachtraining, sondern vor allem auch um interkulturelle Kommunikation. “

Flexibel lernen via Chat und Co.

Mitarbeitende des Serviceteams beim Englischtraining

Neben diesen regelmäßigen Lernblöcken und Begleitfahrten haben die Mitarbeitenden noch andere Möglichkeiten, ihre Englischkenntnisse zu vertiefen: Jederzeit können sie Laura per Chat Fragen stellen. Zudem werden den Teammitgliedern regelmäßig Cheat-Sheets (kleine Spickzettel) aufs Handy gespielt. Auf denen sind Wörter und einfache Sätze zu bestimmten bahnspezifischen Themen zusammengestellt, sodass z. B. auch auf aktuelle Ereignisse mit entsprechendem Vokabular reagiert werden kann. Ein bahnspezifisches Online-Englischlern-Tool ermöglicht zudem flexible Lerneinheiten. Außerdem werden bei digitalen Teammeetings mit Kolleg:innen das freie Reden geübt und Vokabeln frisch gehalten.

Coach Laura freut sich über fleißige „Schüler:innen“

Wie kommt das Angebot denn bei den Lernenden an? „Das Feedback war bisher sehr gut“, fasst Initiator Christian zusammen. Und auch Laura berichtet: „Die Kolleginnen und Kollegen sind echt fleißig und nutzen alle Möglichkeiten, die wir ihnen zum Lernen bieten sehr rege. Eine Kollegin hat mich besonders beeindruckt – Sie steht kurz vor der Rente und hat bei mir das erste Mal Englisch gelernt. Und zwar mit so einer großen Freude und Motivation – Respekt!“ Christian unterstreicht die Bedeutung des Englischtrainings bei der S-Bahn, auch in Zukunft: „Wir wollen ja vor allem Hemmungen beim Sprechen einer fremden Sprache abbauen und, dass die wichtigsten Serviceanfragen der Fahrgäste beantwortet werden können. Und da sind wir auf einem sehr guten Weg.“

Man lernt nie aus

Gruppenfoto eines Serviceteams in der S-Bahn

Und zwar auf so einem guten Weg, dass das Sprachtraining-Angebot in Zukunft auch in anderen Serviceabteilungen, wie dem Kundendialog, angeboten werden soll. Und selbst Trainerin Laura hat viel gelernt im vergangenen Jahr, nämlich ganz viele Wörter, die man halt so kennt, wenn man oft S-Bahn fährt. „Jeden Tag lerne ich neue Begriffe wie „Prellbock“ oder „Oberleitungsstörung. Mich hat aber auch beeindruckt, was die Kolleg:innen so alles leisten und wie herausfordernd und umfangreich ihr Job ist.“

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