Förster bei der Bahn
Sebastian hat nicht nur Forstwissenschaften studiert, er kommt auch aus einer echten Bahnfamilie, die schon in dritter Generation für die DB arbeitet. Seit 2014 ist Sebastian Beauftragter für die Vegetation im Regionalbereich Süd und ist damit zusammen mit vielen weiteren Kolleg:innen für die Instandhaltung der Grünflächen entlang der Gleise in Bayern zuständig. Seit jeher ein Traumberuf für ihn: „Schon während meines Studiums habe ich gedacht: Es muss doch auch Förster:innen bei der Bahn geben.“ Die gab und gibt es. Heute ist Sebastian einer von ihnen. Zu seinen Aufgaben gehört die Planung der Grünflächenpflege und allem anderen, was entlang der Gleise in den Bereich der Vegetation fällt. Aber: Was genau versteht man eigentlich unter einer Grünfläche? „Rechts und links von den Gleisen befindet sich die mindestens sechs Meter breite Rückschnittzone. Die wird einmal jährlich vom sogenannten Vegetationstrupp zurückgeschnitten. Zum Großteil sind das natürlich wachsende Pflanzen und Sträucher“, erklärt uns der Mann mit dem grünen Daumen. „An die Rückschnittzone grenzt die Stabilisierungszone, die auch von Bäumen und Wäldern geprägt sein kann. Hier überwachen Baumkontrolleure regelmäßig die Sicherheit und Stabilität des Baumbestandes, der auf den bahneigenen Begleitflächen wächst. Schwache oder kranke Bäume werden anschließend unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes entnommen.“
Wenn Kirschbaum und Co. zum Problem werden
Ob auf dem Land oder im innerstädtischen Gebiet – Jeder Bereich um die Gleise muss gepflegt sein. Nur durch gutes Vegetationsmanagement sind unsere Strecken sturmsicher, damit unsere S-Bahn auch bei Wind und Wetter verlässlich unterwegs sein kann. Dafür investiert die DB bundesweit übrigens jedes Jahr rund 125 Millionen Euro. Wenn Gleise nah an Privatgrundstücken liegen, kann das aber eine echte Herausforderung für die Förster:innen sein. „Wir haben es schwerer, das Gleis zu erreichen und auch die Rückschnittfläche ist oft nicht so ausgeweitet, wie sie eigentlich sein sollte. Wir können schließlich nicht einfach den Kirschbaum im Garten eines Anwohners trimmen. Das ist dann die Aufgabe der Besitzer. Doch die wissen manchmal gar nicht, dass sie dafür verantwortlich sind und erschweren uns damit die Arbeit etwas. Wir sind nämlich sehr auf deren Unterstützung angewiesen", so Sebastian weiter.
Der Vegetationstrupp
Und wer genau ist denn nun „wir“? Der Förster erklärt: „Unsere Vegetationstrupps bestehen aus meist drei Mitarbeitenden, den sogenannten Fahrwegpflegern plus Sicherungsaufsichtskraft. Dieser hält konstant nach Zügen Ausschau und bläst in sein Horn, wenn ein Zug in Sicht ist. Denn Sicherheit steht auch bei den Vegetationsarbeiten am Gleis natürlich an oberster Stelle. Für die Arbeiten am oder gar im Gleis ist die Zeit kostbar, denn meist nutzen wir die Zeiten, zu denen gerade kein Zug unterwegs ist, um Einschränkungen für die Reisenden zu vermeiden.“
Ferngesteuerte Mähraupen, gepaart mit Handarbeit
Einmal im Jahr rückt der Vegetationstrupp zu den Rückschnittzonen an den verschiedenen S-Bahnstrecken aus und beschneidet sie bis auf den Boden. Entweder wird ganz herkömmlich mit dem „Freischneider“ gemäht oder die ferngesteuerte Mähraupe kommt zum Einsatz. Hört sich sehr technisch an, ist aber einfach ein Rasenmäher fürs „Grobe“. An verschiedenen Stellen müssen Sebastian und seine Kolleg:innen ganz genau und mehr als üblich anpacken. Nämlich immer dort, wo beispielsweise Signale durch das Grün verdeckt werden würden. Auch Rettungsplätze müssen sie öfter pflegen. Ihr könnt euch denken, der gesamte Schnitt- und Pflanzplan erfordert ein großes Wissen rund um die Forstwissenschaft.
Natur- und Artenschutz immer im Blick
Insbesondere zwischen März und September dürfen Bäume und Sträucher wegen der Brut- und Nistzeiten der Tiere nicht angerührt werden. „Wir müssen uns also ganz genau an den Natur- und Artenschutz und auch an die Forstgesetzgebung halten“, erklärt der Experte. Der Klimawandel wird auch hier zur Herausforderung. Denn manche Baumarten können sich nicht gut an die veränderten Klimaverhältnisse anpassen: „Die extremen Sommer führen zu Trockenstress bei den Bäumen und machen sie angreifbar für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Mittlerweile gibt es auch viele Stürme in der ‚belaubten Jahreszeit‘, laubtragende Bäume knicken dann durch ihre große Segelfläche oft ab. Daher müssen wir auf Dauer beobachten, welche Baumarten an welchem Standort Sinn machen. Wir schauen uns an, welche Baumzusammensetzung schon besteht und wie die Naturverjüngung, also der Nachwuchs der Bäume, beschaffen ist. Instabile Baumarten werden entfernt und robustere Baumarten sollen sukzessive gefördert werden.“ Klar, macht ja auch Sinn. Denn was ganz natürlich an einem Ort wächst, scheint dort gut zu gedeihen. Also warum nicht auf die Natur hören?!
Natürlichkeit als oberste Priorität
Die Vegetation fördern, so wie es die Natur dem jeweiligen Ort in die Wiege gelegt hat – das steht ganz klar oben auf der Agenda, wenn Sebastian, seine Kolleg:innen und deren grüne Daumen ans Werk gehen. Einfach wachsen lassen?! – So leicht geht es dann aber eben doch nicht. Bedeutet: eine Menge Arbeit für die Förster:innen der Deutschen Bahn. Und zwar das ganze Jahr über. Immer wieder müssen sie ihre Pläne an die veränderten Bedingungen anpassen. Denn jede Jahreszeit ist anders und das Wetter verhält sich ja bekanntermaßen gerne mal total untypisch für die Saison. Aber Sebastian wäre nun einmal nicht Förster, wenn er nicht auf alle Launen der Natur einzugehen wüsste. Denn er kennt sich nicht nur mit unseren roten Flitzern aus, sondern eben auch mit jedem Baum, Strauch und mit jeder Pflanze entlang des S-Bahn Netzes. Uns freut’s. Gegen eine extra schöne Aussicht auf der klimafreundlichen S-Bahn Fahrt hat schließlich keiner was, oder?!