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Die Spanische Lösung bei der S-Bahn München

Spanien, hier bei uns in München? Was soll denn das sein,  fragt ihr euch? Sieht doch alles gar nicht so mediterran aus bei uns. Oder doch?! Tatsächlich handelt es sich bei der Spanischen Lösung aber um eine spezielle Bauart von Bahnsteigen. Kommt euch ziemlich spanisch vor? Uns kein bisschen! Wir klären auf, was es mit der Spanischen Lösung auf sich hat und wo genau ihr diese bei der S-Bahn (und andernorts) findet.

S-Bahn des Typs ET423 am Hauptbahnhof München

Vom spanischen Barcelona ins bayrische München

Eine S-Bahn des Typs ET423 hält am Marienplatz in München - einem spanischen Bahnsteig

Von der Spanischen Lösung spricht man immer dann, wenn an einem S-Bahnhof an beiden Seiten eines Gleises ein Bahnsteig ist. Dabei dient eine Seite zum Aus- und die andere zum Einsteigen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wenn sich die Türen auf beiden Seiten öffnen, können Fahrgäste zeitgleich ein- und aussteigen, ohne sich dabei in die Quere zu kommen. Während der Mittelbahnsteig dabei oft zum Einsteigen genutzt wird, dient der Seitenbahnsteig meistens als Ausstiegsseite. So ist es hier bei der S-Bahn in München, andernorts kann es aber auch umgekehrt sein. Clever, dieses Prinzip! Und wer hat’s erfunden? Nun, das Prinzip des getrennten Ein- und Aussteigens wurde schon während des 19. Jahrhunderts in London und New York eingesetzt, bevor es dann in den 1930er Jahren auch bei der Metro Barcelona genutzt wurde. Der Name „Spanische Lösung“ hat sich also zumindest aus dieser Zeit und Region abgeleitet.

Was bringt die Spanische Lösung? 

Eine S-Bahn des Typs ET423 hält am Marienplatz in München - einem spanischen Bahnsteig

Zwei Bahnsteige an einem Gleis haben gleich mehrere Vorteile für euch. Am wichtigsten ist sicherlich die Entflechtung der Fahrgastströme, also die Trennung von ein- und aussteigenden Personen. Dadurch können in kürzerer Zeit mehr Menschen ein- und aussteigen. Gerade auf der Stammstrecke – immerhin Europas am dichtesten befahrene Eisenbahnstrecke – ist das Gold wert. Wegen der dichten Zugtaktung zählt hier jede Sekunde. Und dank der Spanischen Bahnsteige können an den stark frequentierten Tunnelstationen die Haltezeiten kurz gehalten werden, weil der Fahrgastwechsel reibungsloser und somit schneller läuft. Eigentlich klar, wenn nicht alle die rauswollen, erstmal direkt auf die Fahrgäste prallen, die schon wieder ganz schnell in die S-Bahn reinhüpfen wollen. Denn zügiges und sicheres Ein- und Aussteigen ist generell enorm wichtig für die Pünktlichkeit – und jede:r kann direkt dazu beitragen.

Ein weiterer Vorteil der Spanischen Lösung ist sicherlich auch, dass während Bauarbeiten auf einer Bahnsteigseite weiterhin die andere Bahnsteigseite genutzt werden kann. Würde beispielsweise am Bodenbelag an einem Bahnsteig der Station gearbeitet, könnten die S-Bahnen dadurch weiterhin an der Station halten, während sie an Bahnsteigen ohne Spanische Lösung durchfahren müssten. 

Eine kleine Besonderheit gibt es allerdings. Wer den Aufzug benutzen möchte, muss die Ein- und Ausstiegsregel „missachten“. Wer den Durchsagen in der S-Bahn aufmerksam folgt, der wird schon einmal gehört haben: „Bitte rechts aussteigen. Lift in Fahrtrichtung links.“ Gleiches gilt, wer an einem der Spanischen Bahnhöfe merkt, dass er oder sie zu weit gefahren ist und direkt wieder in die entgegengesetzte Richtung fahren will. Auch hier darf man natürlich zum Mittelbahnsteig hin aussteigen.

Die Spanische Lösung in München, Deutschland und der Welt

Spanischer Bahnsteig bei der S-Bahn München am Marienplatz

Und wo finden wir jetzt diese Spanische Lösung überall? Ganz einfach. Bei der S-Bahn in München sind die meistfrequentierten Stammstreckentunnel-Stationen Hauptbahnhof, Karlsplatz (Stachus) und Marienplatz entsprechend gebaut. Wobei der Marienplatz eine kleine Ausnahme bildet. Hier haben wir zwar getrennte Ein- und Ausstiegsseiten, damit auch hier die Fahrgastströme entsprechend fließen können. Allerdings liegen die Bahnsteige Richtung Ostbahnhof bzw. Richtung Hauptbahnhof nicht nebeneinander, sondern übereinander. Warum wurde das so umgesetzt? – fragen wir uns. Schon bei der Erbauung wurden genau hier die höchsten Fahrgastzahlen erwartet. Mit der zweistöckigen Bauweise wollte man erreichen, dass sich die Fahrgastströme noch etwas mehr entzerren, nämlich mit der Spanischen Lösung auf zwei Ebenen. Ganz schön vorausschauend!

In Deutschland findet ihr beispielsweise auch in Stuttgart (Stadtbahn), Köln (Stadtbahn) oder in Hannover (Stadtbahn) einzelne Stationen mit Spanischen Bahnsteigen. Besonders häufig wird die Spanische Lösung bei den Zügen zwischen den Terminals an Flughäfen (wie dem Flughafen Frankfurt am Main) eingesetzt. Hier jedoch häufig nicht um getrennte Bahnsteige zum Ein- und Aussteigen zu haben, sondern Passagiere der öffentlich zugänglichen Bereiche und Passagiere des Transitbereichs berührungsfrei zu transportieren.

Und auch die Bayerische Zugspitzbahn von Garmisch-Partenkirchen zum Zugspitzplatt nutzt an mehreren Stationen die Spanische Lösung, um den Fahrgastandrang bewältigen zu können. Müssen wir mal drauf achten, wenn wir dort sind.

International könnt ihr in Wien/Österreich (U-Bahn), in Warschau/Polen (dort auch bei der S-Bahn), in Paris/Frankreich (Metro) Stationen mit Spanischen Bahnsteigen finden. Wenn es weiter weg gehen soll, dann haltet die Augen in Guangzhou oder Shenzhen in China (beides Mal Metro) oder in New York/USA (PATH) nach Stationen mit der Spanischen Lösung auf.

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