Mit Mut und Köpfchen in die Selbstorganisation
Arbeiten in Selbstorganisierten Teams Im Service der S-Bahn bedeutet: 100 Fahrgäste, 100 Launen von heiter bis „wolkig“, 100 verschiedene Fragen und du und dein Team mittendrin. Es heißt aber vor allem auch: Als Gruppe im Dienst auf sich selbst gestellt sein, mit möglichst viel Wissen und Engagement im Gepäck. Spontane eigene Entscheidungen treffen und die auch vertreten. Kurz: Profi im Kontakt zu euch, unseren Fahrgästen, sein. Deshalb haben sich einige Kolleg:innen schon länger darüber Gedanken gemacht, wie man genau diese Eigenverantwortung stärken und weiter ausbauen kann. Das Ziel: Mitarbeitende, die so viel Freude am Job ausstrahlen, dass sie auch bei euch Fahrgästen diesen Vibe transportieren und die „wolkige“ Stimmung in heiter verwandeln können bzw. um genau da zu unterstützen, wo es nötig ist – also einfach noch näher dran sein an euch! Und zwar in effizienten Strukturen, die sie selbst weiterentwickeln und in denen sie ihre Kompetenzen optimal und passend zu euren Bedürfnissen ausbauen können. Wie das gehen kann? Durch Selbstorganisation!
Und ab da hieß es mutig sein! Denn kurze Zeit später hing der erste Aushang bei der S-Bahn München: Wir suchen Mitarbeiter:innen, die selbstorganisiert im Serviceteam arbeiten wollen. Maggy war interessiert, kannte bis dahin aber nur das Arbeiten in klassischen Hierarchien. Also erstmal ziemlich kaltes Wasser. Sie springt trotzdem rein – und ist heute sehr stolz darauf, Gründer-SOTI zu sein.
Nach einigen Tagen Kick-off-Workshop, in dem Verantwortungsbereiche definiert und Entscheidungsbefugnisse durch Rollen, Rahmen, Guides und Leitplanken festgelegt wurden, ging es damals los: Das erste SOTIS Team erblickte 2021 das Licht der S-Bahn-Welt. Mittlerweile sind es sogar schon vier Teams mit Namen/Mottos, die sich die Gruppen selbst gegeben haben: „Phönix“, „Matrix“, „Two Look“ und „S.T.A.R.K.“. Jeder Name soll für das jeweilige Team auch Programm sein. S.T.A.R.K. steht zum Beispiel für strukturiert, teamorientiert, ausdauernd, respektvoll und kundenfreundlich. On Top hat jedes Team eine eigene Mission. Bei „Phönix“ klingt das zum Beispiel so: „Das Team hält zusammen und achtet auf einen familiären Umgang miteinander. Jedes Teammitglied soll sich sicher fühlen, um mit voller Power für das oberste Ziel arbeiten zu können: Kundenzufriedenheit.“ Übrigens, schon bei der Bewerbung zählt der SOTIS-Spirit: „Du wählst das Team, bei dem du dich mit der Mission am besten identifizieren kannst. Und nicht das, in dem du vielleicht die meisten Leute kennst“, erzählt uns Neu-SOTI Hiko.
Rollenverteilung im SOTIS Team
Bei den SOTIS sind pro Team fünf Rollen zu vergeben: Qualitäter:innen sorgen für eine konstruktive Verbesserungskultur und schauen ganz explizit darauf, wo und wie wir Services verbessern oder Infos proaktiv an euch weitergeben können und haben das Ohr ganz nah an den Wünschen der Fahrgäste. Innovationsforscher:innen sind geschult in Design Thinking. Darunter versteht man übrigens „einen kreativen Innovationsprozess und zugleich einen neuen Denkansatz, der den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt“. Und genau deshalb schicken diese Kolleg:innen genau eure Anregungen und konstruktive Kritik durch einen Bewertungsprozess (erklären wir weiter unten noch genauer). Damit alle gemeinsam vorankommen, organisieren die Teamplaner:innen Schulungen, Weiterbildungen und die Schichtpläne. Und was, wenn’s mal kracht im Team? Ein Fall für die Kapitän:innen! Vermitteln, Feedback geben und das Team im Flow halten sind die essenziellen Soft Skills in dieser Rolle. Für den Austausch zwischen den Teams sorgen die Kommunikator:innen, genauso wie für den direkten Draht zur Teamleitung. Zu der gehört auch Marco, der das SOTIS Projekt von Anfang an mit vorangetrieben hat. Er selbst sieht sich nicht als Vorgesetzter, sondern als Steine-aus-dem-Weg-Räumer. Sein Motto: Alles geben, um die vielen Ideen und Initiativen der SOTIS umsetzbar machen – denn die sind am nächsten dran an euch Fahrgästen und wissen somit, was nicht nur uns, sondern auch euch voranbringt.
Sich einbringen wollen – Zukunftsperspektiven erhalten
In der Praxis sieht das so aus: Ein Plan muss erstellt werden, aber keiner ist bisher fit in Excel? Kein Problem! Die SOTIS können bei Marco uns seiner Teamleiterkollegin Beate Workshops für ihre eigene Weiterbildung beantragen.
Beim letzten Störfall konnten die Kolleg:innen aus dem Serviceteam zwar schnell und flexibel vor Ort als Reisendenlenker:innen mit einspringen, hätten aber optimalerweise noch aufmerksamkeitsstarke Schilder mit dem Weg zum Schienenersatzverkehr gebraucht? Auch kein Thema! Über Marco und Beate können die SOTIS auch Material bestellen, um für den nächsten Einsatz noch besser gerüstet zu sein.
Dabei durchlaufen die Ideen der Teams, die sich eben auch aus euren Anregungen und eurer konstruktiven Kritik ergeben, den Design Thinking Prozess – also einen Bewertungsprozess – zur Beurteilung der Vorschläge. Dabei ist erstmal jede Idee willkommen, so wild gesponnen sie auch sein mag. Über ein Ideenprotokoll wird genau geprüft, ob und wie die Idee wirklich eine Verbesserung für die Fahrgäste mit sich bringt und ob und wie sie sich realistisch umsetzen lässt. Übrigens ist das Projekt „praxisnahes Englischtraining“ genau so entstanden.
Ein Thema ist aber auch die Arbeitszeiteinteilung. Hier tüfteln die Teamplaner:innen eines jeden Teams so lange, bis am Ende alle zufrieden sind. Heute mal länger arbeiten und dafür morgen kürzer? Geht klar! Ein paar Leitplanken und Eckpfeiler bei der Erstellung der Schichtpläne machen das möglich und stellen zugleich einen reibungslosen Ablauf sicher. So sind unsere Teams frei in der Schichtgestaltung was Beginn, Ende, Dauer und zeitliche Lage angeht oder die Teamstärke, in der sie unterwegs sein wollen. Auch Urlaubs- oder Bildungsplanung dürfen selbst gestaltet werden. Sogar die Rekrutierung neuer Kolleg:innen fällt in den Bereich der Selbstorganisation. Lediglich beispielsweise gesetzliche Vorschriften oder Tarifverträge müssen natürlich eingehalten werden.
Damit die Selbstorganisation nicht störungsanfällig wird, gibt’s regelmäßige Reviews (Feedbackgespräche) mit dem Team und der Teamleitung. „Ich habe viel über meine eigenen Stärken gelernt. Das strukturierte und eigenverantwortliche Arbeiten hat mich persönlich und in der Arbeit mit den Fahrgästen auf ein neues Level gebracht.“, erzählt uns eine der Gründer-SOTIS stolz.
Und das Fazit für SOTIS? Läuft!
Feststellung nach zwei Jahren SOTIS: 1. Die Selbstorganisation funktioniert! 2. Teamgeist und Kooperation sind eindeutig effizienter als starre Hierarchien. 3. Das Projekt ist ein echtes Win-Win für die Mitarbeitenden, das Unternehmen und euch Fahrgäste. Denn ein starker Teamgeist lässt alle Beteiligten effizienter, zufriedener und flexibler arbeiten. Speziell durch die Eigenverantwortung ist der Ansporn die eigenen Kompetenzen und die der anderen zu stärken extrem hoch. Und Ideen/Anregungen von euch Fahrgästen werden nicht nur gehört, sondern auch angepackt.