Lernsituation für Azubis und Quereinsteiger
Gott sei Dank müssen wir nicht selber „fahren“! Das übernimmt an diesem Tag Daniel. Er ist seit einigen Monaten Auszubildender und Quereinsteiger bei der S-Bahn München. Heißt: Nach 13 Jahren als Lagerarbeiter fängt er jetzt noch einmal komplett neu an – als Triebfahrzeugführer. Und dazu gehört eben auch das praktische Training am FaFü. „Klar, geht es dann irgendwann auch auf die reale Strecke. Vorher soll jeder neue Kollege aber so gut es geht auf die freie Wildbahn vorbereitet sein“, erklärt uns Marc.
Rollenspiel per Monitor
Wenn ein Azubi am FaFü übt, sind in der Regel noch drei bis vier weitere Auszubildende im Raum. Die lernen, indem sie zuschauen. Auch mit im Raum ist Ausbildungsleiter Rameez. Er sitzt seitlich von Quereinsteiger Daniel und schaut konzentriert auf seine eigenen Monitore. Auf denen kann er nicht nur alles sehen, was der Lokführer auch sieht – zum Beispiel LZB-Anzeige und Co. Er hat auch die heranfahrenden Züge im Blick und kann sie sogar steuern. Damit übernimmt er die Rolle des Fahrdienstleiters, der jede Fahrt und alle Strecken jederzeit im Blick hat.
Herr über Wind und Wetter
Aber Rameez kann noch mehr. Nämlich alle anderen Aspekte des Szenarios beeinflussen, die einem Lokführer auf der Stammstrecke begegnen können: Nebel, Container auf den Gleisen, ein Ballon an der Oberleitung. Letzterer kann, wie wir wissen, für einen Kurzschluss, und wenn’s ganz blöd läuft auch für Feuer und Explosion, sorgen. In solchen Situationen muss der Lokführer wissen, was zu tun ist. Und damit das so ist, beinhaltet das neue Simulator-System alle Eventualitäten und Vorkommnisse – und zwar in einer 1:1-Szenerie der realen Stammstrecke.
Situationen erkennen und richtig handeln
Ausbildungsleiter Rameez erklärt: „In solchen Situationen sprechen wir die Abläufe dann durch. Im Fall des Ballons zum Beispiel muss der Lokführer den Notdienst benachrichtigen. Der hat ein Blasrohr, mit dem er dem Ballon selbst den Garaus machen kann.“ Und Azubi Daniel? Der hat’s natürlich gewusst! Mit seinen 34 Jahren hat er schon einiges an Lebenserfahrung gesammelt und lässt sich von solchen Finten am FaFü nicht aus der Ruhe bringen. „Am Anfang war ich schon nervös. Aber darum geht es ja: Die Technik hier soll einem die Aufregung nehmen. Wir Lokführer haben eine spannende Aufgabe mit viel Verantwortung. Darum müssen wir immer aufmerksam bleiben. Auch das lernen wir am FaFü.“
Immer mehr Lokführer gefragt
Hört sich spannend an, oder? Good news: Wer selbst mal am Fahrtrainer-Führerstand sitzen will, der hat ganz gute Chancen. Denn Quereinsteiger und Azubis wie Daniel stellt die S-Bahn München ab diesem Jahr vermehrt ein. Der Bau der 2. Stammstrecke und Co. sorgen nämlich dafür, dass in Zukunft rund 40 Prozent mehr Lokführer benötigt werden. Dieses Jahr sind es allein 120 Quereinsteiger, die die einjährige Ausbildung bei der S-Bahn München antreten. Plus 36 Lokführer-Azubis. Das sind ein Drittel mehr als in den letzten Jahren. Tendenz steigend. Sollte eine Stimme in euch jetzt rufen „Na los, bewirb dich!“, dann können wir euch unsere Webseite wärmstens ans Herz legen.
Verstehen statt auswendig lernen
Aber zurück zu Daniel, der die fiktive S-Bahn gerade unterirdisch durch den virtuellen Marienplatz steuert. „Vom Hellen ins Dunkle und umgekehrt, da müssen sich die Augen umstellen. Das irritiert manchmal.“ Alles Erfahrungen, die Daniel am FaFü machen kann, und nicht erst draußen, wenn der reale, reibungslose Betrieb von ihm abhängt. „Es gibt Menschen, die können einfach sehr gut auswendig lernen“, sagt Ausbildungsleiter Rameez. „Um das große Ganze zu verstehen und richtig zu handeln, muss man aber Erfahrung sammeln und sein Wissen praktisch anwenden können. In der Trainingssituation können wir testen, wie viel der angehende Lokführer wirklich verstanden hat und wo wir noch einmal nachfassen müssen.“ In fünf Monaten wird Quereinsteiger Daniel als fertig ausgebildeter Lokführer im realen Führerstand sitzen. Ein Moment, den er jetzt schon kaum erwarten kann. Einen Zug zu steuern und damit zudem etwas für die Stadt zu tun, das sei einfach ein gutes Gefühl, sagt er.